Dr. Hans - Martin Schreiber
Luisenplatz
10
Ministerialdirigent
65185
Wiesbaden
im
Hessischen
Kultusministerium
Tel:
0611/3682600
Fax:
0611/3682099
11.
Juni 1997
ISLAMISCHER
RELIGIONSUNTERRICHT AN HESSISCHEN SCHULEN
I
An
hessischen öffentlichen Schulen gibt es evangelischen, katholischen,
jüdischen, griechisch- orthodoxen, syrisch- orthodoxen, unitarischen und
freireligiösen Religionsunterricht. Unbeschadet kirchlicher
Mitwirkungsmöglichkeiten ist das Lernziel schulischen Religionsunterrichts
nicht die Mission ("Kirche in der Schule"). Vielmehr gelten für ihn
die allgemeinen Bildungs- und Erziehungsziele der Schule (Hessisches Schulgesetz
§ 2). In diesem Sinne soll er entscheidend dazu beitragen, die Schülerinnen
und Schüler zu befähigen, die für ihr Leben und für das menschliche
Zusammenleben bedeutsamen ethischen Fragen aus der Sicht ihres Glaubens
anzugehen und ihnen helfen, ihre Identität zu finden und mündig zu werden.
Schülerinnen und Schüler können sich von ihm abmelden (nach Vollendung des
14. Lebensjahres, vorher können sie durch ihre Erziehungsberechtigten
abgemeldet werden). Sie sind dann aber verpflichtet, ersatzweise an einem Ethikunterricht
teilzunehmen, wo ein solcher eingerichtet ist. Insofern ist das
Bestreben, für Kinder islamischen Glaubens einen Religionsunterricht
einzuführen, verständlich und begründet.
II
Seit
mehr als 15 Jahren ist in Hessen wiederholt von verschiedenen Organisationen
eine Einführung islamischen Religionsunterrichts an öffentlichen Schulen
gefordert, teilweise auch ernsthaft angestrebt worden. Damit ist mehr gemeint
als eine religionskundliche Unterweisung ausländischer Kinder im Rahmen des
muttersprachlichen Unterrichts. Das hessische Kultusministerium hat solche
Forderungen stets aufgeschlossen gegenübergestanden, wie beispielhaft aus einer
Rede hervorgeht, die der damalige Hessische Kultusminister Hans Krellmann am 16.
Mai 1984 bei einer Akademietagung in Wiesbaden- Naurod gehalten hat. Auch haben
seit ebenso langer Zeit regelmäßige Beratungen zu dieser Frage innerhalb der
ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder (KMK) stattgefunden.
Gleichwohl gibt es bis heute in keinem deutschen Bundesland islamischen
Religionsunterricht an öffentlichen Schulen.
III
Wenn
ein solcher Unterricht bislang nicht eingeführt werden konnte, liegt das vor
allem daran, dass für den Religionsunterricht an öffentlichen Schulen in der
BRD einige ganz besondere, in diesem Fall nicht leicht zu erfüllende
Bedingungen gelten, die im Grundgesetz (Artikel 7) und in den meisten
Länderverfassungen (z.B. Hessische Verfassung Artikel 57) festgelegt und
daraufhin in Gesetzen, Verordnungen und Erlassen (z.B. Hessisches Schulgesetz §
8 und Erlass "Religionsunterricht" vom 5. Juni 1991) näher entfaltet
sind.
IV
Dass für den Religionsunterricht an öffentlichen Schulen in Deutschland solche
Bedingungen gelten, hat einen bedeutsamen historischen Hintergrund: Das
Schulwesen ist im kirchlichen Raum entwickelt und jahrhundertelang von den
christlichen Kirchen bestimmt worden. Noch bis in dieses Jahrhundert hinein
unterstand das Volksschulwesen der geistlichen Schulaufsicht. Erst mit der in
der Weimarer Verfassung (1919) eingeführten Trennung von Kirche und Staat
verloren die Kirchen ihren umfassenden Einfluss auf das Schulwesen. Allerdings
wurden der Religionsunterricht als ordentliches Lehrfach garantiert und den
Kirchen insoweit erhebliche Mitwirkungsrechte sowie die Möglichkeit zur
Errichtung von Bekenntnisschulen eingeräumt.
V
Die
wesentlichen Voraussetzungen und Bedingungen einer Einführung islamischen
Religionsunterrichts sind:
- Es muss eine verfasste, auf Dauer angelegte Glaubens- oder Religionsgemeinschaft geben,
die als offizieller Ansprechpartner des Staates fungieren und die insoweit
verfassungsmäßig vorgesehene Mitwirkung legitim ausüben kann. Dabei muss die Gemeinschaft nicht unbedingt den Status einer öffentlich- rechtlichen
Körperschaft haben
- Die Glaubens- oder
Religionsgemeinschaft muss ihre religiösen Grundgesetze in eigener
Verantwortung so definieren, formulieren und darlegen, dass diese vom
weltanschaulich neutralen Staat, ohne das er inhaltlich auf sie Einfluss nehmen dürfte, verstanden und nachvollzogen werden können
(Glaubensinhalte).
- Grundlage des
Religionsunterrichts ist ein Rahmenplan (Lehrplan), der vom
Kultusministerium auf der Grundlage der Glaubenssätze der Glaubens- oder
Religionsgemeinschaft und in Abstimmung mit ihr entwickelt und erlassen
wird. Er definiert die Lernziele des Religionsunterrichts.
- Der
Religionsunterricht wird in deutscher Sprache erteilt und unterliegt,
unbeschadet der förmlich geregelten Mitwirkungsrechte der Glaubens- oder
Religionsgemeinschaft, der deutschen Schulaufsicht.
- Mit der Erteilung
des Religionsunterricht werden fachlich qualifizierte Lehrkräfte, die von
der Glaubens- oder Religionsgemeinschaft bevollmächtigt sein müssen, vom
Staat beauftragt. Sie werden vom Staat beauftragt. Sie werden vom Staat in
geeigneter Form an- oder eingestellt und bezahlt.
- Auf Grund der
verfassungsmäßig garantierten Glaubensfreiheit könne Schülerinnen oder
Schüler durch ihre Erziehungsberechtigten vom Religionsunterricht
abgemeldet werden oder sich nach Vollendung des 14. Lebensjahres selbst
abmelden.
Übersicht über
Vorgaben des Gesetzgebers für IRU und deren Umsetzung durch die IRH
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