Trotz Widerstands der Islamischen Dachverbände Islamrat und Zentralrat der
Muslime in Deutschland und massiver Proteste seitens der Muslime läuft seit
einigen Monaten in NRW anstelle des im Grundgesetz vorgesehenen ordentlichen
konfessionellen Religionsunterrichts die verfassungsrechtlich bedenkliche Aktion
einer „staatlichen Islamkunde“.
Mit Hilfe administrativer Machtinstrumente wurden die berechtigten Einwände
der Muslime ignoriert und in selbstherrlicher Manier Menschenrechte und
Grundgesetz außer Kraft gesetzt. Der „neutrale säkulare Staat“ in NRW
diktiert in Zusammenarbeit mit „Islamexperten“ der Industrie- und
Handelskammer, des Deutschen Gewerkschaftsbundes, des Deutschen Städtetages,
des Landesausländerbeirates und der christlichen Kirchen über die Köpfe der
Muslime hinweg islamische Glaubensinhalte und vermittelt diesen “Islamverschnitt“
per Dekret in den Schulen. Zu dieser Vorgehensweise stellt die Aachener
Soziologin Irmgard Pinn die ironische Überlegung an: „Warum haben die sich
nicht gleich an den ADAC gewendet?“
Um den Muslimen in Berlin ebenfalls das Grundrecht auf islamischen
Religionsunterricht unter dem Vorwand eines staatlichen Alternativangebots
verweigern zu können, trägt sich auch die Berliner Schulverwaltung mit dem
Gedanken der Einführung eines derartigen Projektes.
So gab Staatssekretär Klaus Löhe in einem Artikel der Berliner Morgenpost
bekannt, die Berliner Schulverwaltung plane ab 1. Februar 2000 die Einführung
einer „islamischen religiösen Unterweisung“ über deren Inhalte „man sich
auch mit den türkischen Behörden abgestimmt“ habe.
Der evangelische Berliner Bischof Dr. Huber erklärte dazu in einer
Presseerklärung:
„Die Berliner Schulverwaltung sollte sich im Klaren darüber sein, dass die
Einführung eines staatlichen Faches ‘Islamkunde’ genauso verfassungswidrig
ist, wie die Einführung eines staatlichen Faches ‘christliche Religionskunde’
wäre. Der Staat hat zu religiösen Inhalten nichts zu sagen, und die
Senatsschulverwaltung ist eine staatliche Behörde, die über religiöse Fragen
nicht zu befinden hat. Was bedeutet es außerdem, wenn der Unterricht in der
Berliner Schule mit türkischen Behörden ‘abgestimmt’ wird? Hat nun der
türkische Staat Einfluss auf Lehrpläne der Berliner Schule?
Der Islamkunde-Unterricht, so die Morgenpost, solle ‘bekenntnisfrei’
über islamische Kultur informieren. Das ist gar nicht möglich. Soll es um
Kultur oder um Religion gehen - wobei bekanntlich beides gar nicht getrennt
werden kann? Wenn es nicht um islamische Religion gehen soll, wird die ‘Islamkunde’
keinesfalls als Alternative zu den Koran-Schulen Bestand haben, was die
Senatsschulverwaltung laut Morgenpost aber anstrebt. Statt untaugliche Versuche
zu starten, sollte die Senatschulverwaltung endlich den einzig vernünftigen Weg
beschreiten und einen Wahlpflichtbereich für religiöse, philosophisch-ethische
und weltanschauliche Unterrichtsfächer einrichten. Hier hätte auch ein
islamischer Religionsunterricht seinen Ort. Die Schülerinnen und Schüler
könnten, aber müßten auch, frei wählen, ob sie ev., kath. oder islam.
Religionsunterricht besuchen wollen oder einen staatlichen Ethik-Unterricht. Nur
dieses Modell, für das die Kirchen seit langem eintreten, entspricht der
Religionsfreiheit, wie sie im Artikel 4 GG garantiert ist. Und es entspricht der
unstrittigen Notwendigkeit, dass im Interesse der Kinder und Jugendlichen
religiöse, philosophisch-ethische oder weltanschauliche Bildung für alle
Schülerinnen und Schüler verpflichtend wird.“