Unter dem Motto „Zusammenleben von Christen und Muslimen in Deutschland und
Europa - Chancen und Risiken“ diskutierten im Rahmen der Interkulturellen
Woche Prof. Dr. Udo Steinbach vom Deutschen Orient Institut, Dr. Jürgen Micksch,
Interkultureller Beauftragter der EKHN und Amir Zaidan Vorsitzender der
Islamischen Religionsgemeinschaft Hessen.
Prof. Dr. Udo Steinbach, Direktor des Deutschen Orient Instituts in Hamburg
sprach sich entgegen der Erwartungen vieler in seinen Ausführungen für die
Einführung des islamischen Religionsunterrichts auf Deutsch aus. Ursprünglich
als Streitgespräch zwischen Steinbach und IRH-Vorsitzendem Zaidan geplant, nahm
die Veranstaltung am 1. Oktober im Rüsselsheimer Rathaus einen ganz anderen
Verlauf.
Steinbach als einer von drei Gutachtern, die vom Hessischen Kultusministerium
beauftragt wurden, ein Gutachten über die IRH anzufertigen, deckte sich mit
seinen Einschätzungen in vielen Punkten mit denen seiner „vormaligen
Kontrahenten“.
Steinbach betonte, daß für die Einführung eines islamischen
Religionsunterrichts die Konstituierung einer Religionsgemeinschaft notwendig
sei. Die Muslime müssten Strukturen schaffen und sich als „deutsche Bürger
muslimischen Glaubens“ verstehen lernen.
Für die neu einzustellenden muslimischen Religionslehrer müßte, so
Steinbach, eine praxis- und gesellschaftsnahe Ausbildung erfolgen. Voraussetzung
dafür sei die Schaffung entsprechender Aus- und Fortbildungsmöglichkeiten
sowie die Einrichtung einer Islam-theologischen Fakultät an einer deutschen
Universität.
Dr. Jürgen Micksch, Interkultureller Beauftragter der hessen-nassauischen
Kirche begrüßte die Stellungnahme Steinbachs zum Religionsunterricht, die sich
mit seinen Einschätzungen nahezu vollständig deckten. Zum Dialog im
allgemeinen führte Micksch aus, daß für ein gelingendes Zusammenleben das
Gespräch mit allen gesucht werden müsse, auch mit den als „fundamentalistisch
eingestuften“ Grupppierungen, weil nur so eine Öffnung bewirkt werden könne.
Amir Zaidan, Vorsitzender der Islamischen Religionsgemeinschaft Hessen
schloss sich den Ausführungen Steinbachs zum Religionsunterricht ebenfalls an
und wies darauf hin, daß die IRH genau dieses Konzept vertrete und auch alle
organisatorischen Vorgaben erfüllt habe. Die IRH sei deswegen mittlerweile vom
Verwaltungsgericht Darmstadt als Religionsgemeinschaft anerkannt und warte
nunmehr seit Monaten auf eine Entscheidung des Kultusministeriums auf den im Mai
1998 gestellten Antrag auf islamischen Religionsunterricht in Hessen .
Zaidan unterstrich die Forderungen Steinbachs und betonte, daß die IRH
konstituiert worden sei als Bindeglied zwischen deutscher Gesellschaft und
Muslimen in Hessen. Die Einführung des islamischen Religionsunterrichts als
Regelunterricht auf deutsch sei ein wichtiger Schritt zur Etablierung eines „Islam
deutscher Prägung“ und zur Integration der Muslime. In einem derartigen
Unterricht sei es möglich, bereits den Kindern eine religiöse Sprache zu
vermitteln, mit der sie in der Denksprache der Mehrheitsgesellschaft in den
notwendigen gesellschaftlichen Dialog eintreten können. Auch in den Punkten
Lehrerausbildung und Fakultät herrschte nach Aussage Zaidans Konsens. Die IRH
plane einen Religionsunterricht mit in Deutschland ausgebildeten Lehrern, die im
Lebensumfeld ihrer Schüler beheimatet sind und selbstverständlich die Sprache
perfekt beherrschen. Um diesen Standard in Zukunft zu ermöglichen sei die
Einrichtung einer entsprechenden Fakultät unabdingbar.