In ihrem im November 99 verabschiedeten Papier zur Integration sprechen sich
Bündnis 90/Die Grünen erstmals eindeutig für die Einführung eines
islamischen Religionsunterrichts aus: "In Hessen soll ein islamischer
Religionsunterricht eingeführt werden. Der Unterricht soll auf Deutsch von hier
ausgebildeten LehrerInnen nach genehmigten Lehrplänen im Rahmen der staatlichen
Schulaufsicht stattfinden."
Ganz im Sinne der Muslime definiert das neue Konzept von Bündnis 90/Die
Grünen in Hessen Integration als mehr als ein bloßes Nebeneinander von
Menschen, nämlich als Anstrengungen für Deutsche und Nichtdeutsche, wobei
beide Seiten die Bereitschaft zur Interaktion und Veränderung erbringen
müßten.
Vor allem die Forderung nach einem Antidiskriminierungsgesetz wird als
längst überfällig ausdrücklich begrüßt. Zu Diskriminierung und Rassismus
heißt es, daß Ängste und Verunsicherungen aller hier lebenden Menschen ernst
zu nehmen sind und Konflikte, die durch Einwanderung und Integration entstehen,
mit demokratischen Spielregeln bearbeitet werden sollten. Als Bringschuld der
Politik wird die Schaffung von Rahmenbedingungen gefordert, um sozial
benachteiligten Gruppen die Eingliederung in die Gesellschaft zu ermöglichen.
Völlig konform geht das Konzept der Grünen mit den Vorstellungen vieler
Muslime in Bezug auf Notwendigkeit und Ziele der Integration, sowie in Bezug auf
Defizite, die aufgearbeitet werden müssen, wie frühzeitiger Erwerb von
Sprachkompetenz. Beispielsweise ist Ziel von Integration für Grüne und Muslime
eine Kultur des Respekts und des gleichberechtigten Miteinanders.
Übereinstimmung besteht auch darin, dass die verbindende Grundlage für alle
die im Grundgesetz festgelegten Rechte und Pflichten sind, auf deren Basis
Verschiedenheit akzeptiert werden kann. So heißt es unmißverständlich:
"Unterschiede müssen wahrgenommen und ausgehalten werden. Diese Sicht
unterscheidet uns von denjenigen, die unter Integration das Verschwinden der
eigenen Herkunft und damit Identität verstehen." Weiterhin wird gefordert,
dem bisherigen Verständnis von Integration ein Verständnis von einem
friedlichen Zusammenleben entgegenzusetzen, das auf soziale und politische
Partizipation zielt, das Raum lässt für kulturelle Differenz und
Eigenständigkeit und das Kultur nicht als Zustand sondern auch als Prozess
begreift.
Die politische Partizipation soll nach Vorstellung der Grünen auf kommunaler
Ebene durch ein 3 Punkte Programm ausgebaut werden, das den Abbau der bisherigen
administrativen Bevormundung und Gängelung bewirken könnte. Gefordert werden
zum einen Integrationsbeiräte, zum zweiten eine vermehrte Einstellung von
Nichtdeutschen, gerade in den öffentlichen Verwaltungen und zum dritten die
Partizipation aller dauerhaft hier lebenden BürgerInnen an Entscheidungen.
Vorgesehen ist, daß hierfür die Möglichkeiten der direkten Demokratie genutzt
werden, in dem Sinne daß Nichtdeutsche als "Sachkundige Bürger" bei
Entscheidungen angehört und miteinbezogen werden. Zur gesellschaftlichen
Partizipation wird angeregt, den Zugang zu und die Tätigkeit von Nichtdeutschen
in den deutschsprachigen Medien (Fernseh/Rundfunk/Printmedien) gezielt zu
fördern, wobei auch die öffentlich-rechtlichen Anstalten dies als einen
Auftrag zur "öffentlichen Versorgung" sehen müssen.
Integration als die zentrale Herausforderung gesellschaftlicher Toleranz ist
nach Ansicht der Grünen eine vorrangige Aufgabe verantwortlicher Politik, was
nur funktionieren wird, wenn Einwanderung als Chance kultureller Bereicherung
und als Herausforderung begriffen wird, die mit Problemen verbunden ist, die
jedoch lösbar sind.